Nachwuchsforscherin für Promotionsarbeit auf dem Feld der Protonentherapie geehrt

In ihrer Dissertation hat die Medizinphysikerin Sonja Schellhammer einen Weg gefunden, die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) in die Protonentherapie zu integrieren. Damit könnte die Strahlentherapie in Zukunft noch zielgerichteter und schonender werden. Für ihre Arbeit mit dem Titel „Technical Feasibility of MR-Integrated Proton Therapy: Beam Deflection and Image Quality“, die sie während ihrer Zeit am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) angefertigt hat, erhielt die junge Wissenschaftlerin den ersten Behnken-Berger-Preis von der gleichnamigen Stiftung. Seit 1. Oktober arbeitet Sonja Schellhammer als Medizinphysikerin in der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Dresden.

Krebserkrankungen gehören zu den großen Herausforderungen der modernen Medizin. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind sie die zweithäufigste Todesursache weltweit. Aber auch die Behandlungsansätze haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Strahlentherapie ist dabei eine wichtige Säule und wird bei jedem zweiten Krebspatienten angewandt. Dabei wird eine festgelegte Energiemenge, die Dosis, in das Tumorgewebe eingebracht. Dort schädigt sie die Erbsubstanz der Krebszellen und verhindert dadurch deren Teilung. Im Idealfall stirbt die Zelle ab. Heute kommen vor allem hochenergetische Röntgenstrahlen zum Einsatz. Allerdings durchdringt ein nicht vernachlässigbarer Teil davon vollständig den Körper des Patienten und schädigt dabei auch gesundes Gewebe vor und hinter dem Tumor.

Bisher keine Livebilder von Partikeltherapie

Eine Alternative dazu ist die Therapie mit geladenen Atomkernen, beispielsweise mit Protonen. Diese Partikel haben eine energieabhängige Eindringtiefe. Am Ende des Strahlverlaufs geben sie ihre maximale Dosis ab, dahinterliegendes Gewebe wird geschont. „Das nützt uns jedoch nur etwas, wenn wir wissen, wo sich der Tumor befindet und wenn er sich nicht bewegt“, erläutert Sonja Schellhammer. „Vor allem bei Tumoren im Bauchbereich ist das aber schwierig, da sie durch die Atmung oder durch die Verdauung der Patienten ständig in Bewegung sein können. Wenn wir diese bestrahlen, wird die Dosis verschmiert. Das heißt, wir brauchen neuartige Methoden, um den Tumor zuverlässiger zu treffen.“

Bisher ist es nicht möglich, die Tumorbewegung während der Partikelbestrahlung live zu beobachten. Als Doktorandin in der Arbeitsgruppe „MR-basierte Bestrahlungsplanung“ um Dr. Aswin Hoffmann setzte Sonja Schellhammer erste Schritte in diese Richtung um. Als idealer Kandidat für eine Echtzeitüberwachung gilt die Magnetresonanz-Tomographie (MRT). Denn erstens erlaubt dieses Verfahren einen sehr guten Weichgewebekontrast bei gleichzeitig hoher zeitlicher Auflösung. Und zweitens wird bei der MRT – anders als bei der auf Röntgenstrahlung basierten Computer-Tomographie (CT) – keine zusätzliche Dosis ins Gewebe eingetragen. „Da es bisher aber noch keine kombinierten Systeme aus Protonentherapie und Magnetresonanz-Tomographie gab, habe ich in meiner Arbeit die Machbarkeit einer solchen Integration untersucht“, erzählt Schellhammer.

Störungen zwischen Magnetfeldern sind beherrschbar

Die Herausforderung bei diesem Projekt lag vor allem in elektromagnetischen Wechselwirkungen zwischen MRT-Scanner und Protonentherapieanlage. Einerseits sind MRT-Scanner auf sehr homogene Magnetfelder angewiesen, um geometrisch akkurate Bilder zu liefern. Andererseits wird der Protonenstrahl in einem Zyklotron, einem Kreisbeschleuniger, erzeugt. In diesem zwingen Magnetfelder die geladenen Teilchen auf eine Kreisbahn und beschleunigen sie. Gelenkt und in Form gehalten wird der Protonenstrahl ebenfalls von Magneten. Diese Magnetfelder – so die bisherige Lehrmeinung – würden sich gegenseitig stören.

Dass sich derartige Störungen durchaus beherrschen lassen, konnte die junge Medizinphysikerin nun demonstrieren. Denn ihr Versuchsaufbau am Nationalen Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie – OncoRay, einer gemeinsamen Forschungsplattform des HZDR, der Technischen Universität Dresden und des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus, lieferte nicht nur kontrastreiche Echtzeit-Bilder. Auch die Ablenkung des Protonenstrahls durch störende Magnetfelder ließ sich vorhersagen und korrigieren.

Ihre mit summa cum laude gewürdigte Arbeit schlug Schellhammers Doktorvater Prof. Wolfgang Enghardt für den Behnken-Berger-Preis vor. Dieser von der gleichnamigen Stiftung vergebene Förderpreis wird jährlich an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler vergeben, die hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Strahlenmedizin erbracht haben. Dabei werden bis zu drei Dissertationen ausgezeichnet. „Ich war recht zuversichtlich, bei der Preisvergabe in die engere Auswahl zu kommen“, erklärt die junge Forscherin selbstbewusst. „Denn einerseits hatte ich bereits bei Fachvorträgen im Rahmen der Arbeit viel positives Feedback erhalten und andererseits kannte ich auch schon die Note meiner Doktorarbeit.“

Dass sie dann gleich den mit 15.000 Euro dotierten ersten Preis für eine Dissertation mit nach Hause nehmen durfte, hat sie aber doch ein wenig überrascht. „Als ich von der Juryentscheidung erfuhr, habe ich mich privilegiert gefühlt“, berichtet Schellhammer. „Denn es gibt so viele Menschen, die jeden Tag hervorragende Arbeit leisten. Dass ich das Glück hatte, zur rechten Zeit am rechten Projekt, in einem exzellenten Umfeld und mit einem großartigen Team arbeiten zu können, darüber freue ich mich sehr.“ Übergeben wurde der Preis am 20. September 2019 im Rahmen der 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP) in Stuttgart.


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